Südschiene für den Patientenschutz

Symposium zur Kooperation in Arzthaftungsfragen

Erstmals haben die Gutachterkommissionen der Landesärztekammer Baden-Württemberg und die Gutachterstelle der Bayerischen Landesärztekammer eine gemeinsame Fortbildungsveranstaltung durchgeführt. Das Symposium „Kooperation in Arzthaftungsfragen“, das Mitte November in München stattfand, spannte den Bogen von aktuellen Themen mit Bezug zur Arzthaftung bis zur Darstellung der im Ablauf zwar unterschiedlichen, aber im Ergebnis identisch ausgerichteten Verfahren der beiden Einrichtungen. Gut besetzt blieb das aufmerksame zuhörende und kenntnisreiche Publikum durchgehend bis zum Ende.

Die Patientenbeauftragte des bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Gesundheit, Dr. Gabriele Hartl, selbst Chirurgin, startete den nachmittäglichen Vortragsreigen nach den eröffnenden Grußworten des Vizepräsidenten der bayerischen Landesärztekammer, Dr. Klaus Ottmann, und des Präsidenten der baden-württembergischen Landesärztekammer, Dr. Ulrich Clever. Wie ein roter Faden zog sich der Begriff „Kommunikationsprobleme“ durch die Vorträge an diesem Nachmittag. Dr. Hartl berichtete über das Spektrum ihrer Beratungstätigkeit und betonte dabei ausdrücklich, wie wertvoll die Arbeit der Schlichtungsstellen bei Ärzte- und Zahnärztekammern als außergerichtliche Anlaufstelle ist.

Rechtsanwältin Barbara Berner, Fachabteilungsleiterin der Rechtsabteilung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, die bislang für die Bundesärztekammer die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen betreut hat, informierte das Auditorium sachkundig über den aktuellen Stand und die wesentlichen Inhalte des Patientenrechtegesetzes, das zum 1. Januar 2013 in Kraft treten soll. Dr. Ottmann selbst legte im Anschluss daran seine Gedanken zur Etablierung eines Hilfsfonds nach dem Vorbild des österreichischen Modells dar. Er erläuterte die Bemühungen unter anderem der A-Länder, einen verschuldensunabhängigen Härtefonds im Patientenrechtegesetz zu verankern, was bislang leider nicht gelungen ist. In Vertretung des erkrankten Vizepräsidenten der Bezirksärztekammer Südwürttemberg, Herrn Dr. Manfred Eissler, der als Statistikbeauftragter der Gutachterkommissionen in Baden-Württemberg Zahlen und Fakten anhand der statistischen Auswertung der Bundesärztekammer vortragen wollte, übernahm diesen Vortrag Matthias Felsenstein, Leiter der Abteilung Fortbildung und Qualitätssicherung der Landesärztekammer Baden-Württemberg. Er berichtete über die in den letzten zehn Jahren bundesweit um zirka 10 Prozent angestiegenen Behandlungsfehlervorwürfe. In Baden-Württemberg werden rund ein Zehntel aller Behandlungsfehlervorwürfe bei den vier Gutachterkommissionen anhängig gemacht. Nur bei etwa einem Viertel der bearbeiteten Fälle stellen die Gutachterkommissionen einen Behandlungsfehler fest.

Im zweiten Teil der Veranstaltung stellte Dr. Jörg Schlachter das baden-württembergische Verfahren der Gutachterkommissionen vor, das durch die nahezu regelhaft durchgeführte Anhörung geprägt wird. Gerade im mündlichen Erörterungstermin komme es immer wieder vor, dass Kommunikationsdefizite ausgeräumt werden können. Dr. Christian Schlesiger und Alban Braun, beides Mitarbeiter bei der Gutachterkommission der bayerischen Landesärztekammer, gaben dann aus ärztlicher und juristischer Sicht Einblicke in das Verfahren der bayerischen Gutachterstelle. Dort wird der Behandlungsfehlervorwurf ausschließlich im schriftlichen Verfahren geprüft. Die am Verfahren beteiligten Parteien, zu denen in Bayern auch der Haftpflichtversicherer des Arztes gehört, erhalten dabei voll umfänglich Gelegenheit, sich in allen Stadien des Verfahrens schriftlich zu äußern. Der Behandlung von Arzthaftungsfragen aus Sicht der Unabhängigen Patientenberatung widmete sich Peter Friemelt vom Gesundheitsladen München. Die bayerische Gutachterstelle pflegt einen regelmäßigen Kontakt mit dieser Einrichtung.

Am Ende der Veranstaltung stellte Prof. Bernulf Günther, der Vorsitzende der Gutachterstelle der bayerischen Landesärztekammer, den Anwesenden ebenso eindrücklich wie sachkundig die ärztlichen und juristischen Aspekte vor, die es zu beachten gilt, wenn sich ein Behandlungsfehler ereignet hat. Mit einem kurzen Statement erläuterte Dr. Schlesiger aus psychiatrisch-psychotherapeutischer Sicht ergänzend, wie ein betroffener Arzt mit dem Behandlungsfehlervorwurf umgeht. Dabei schilderte er in sehr bedachten Worten die oft massiv belastenden Reaktionsweisen auf ärztlicher Seite wie Schlafstörungen, Überlastungssymptomatiken und Verzweiflung, Resignation neben Wut und Ärger.
Zum Abschluss hatte Annette Köllner von der Versicherungskammer Bayern dann noch Gelegenheit, aus der Sicht der Haftpflichtversicherer dem Auditorium zu erläutern, was zu tun ist, „wenn etwas schief gelaufen ist“. Auch von ihrer Seite wurde auf die Bedeutung einer guten Kommunikationskultur zwischen Arzt und Patient hingewiesen. Frau Köllner stellte klar, dass das Einräumen eines Behandlungsfehlers kein Anerkenntnis im versicherungsvertragsrechtlichen Sinn darstellt. Der Arzt darf allerdings gegenüber dem Patienten kein Anerkenntnis in der Form abgeben, dass er zusichert, dass für den Behandlungsfehler Schadensersatz geleistet wird. Hierüber entscheidet allein der Versicherer. Wohl aber darf er anerkennen, dass es ein Problem gibt oder auch, dass ein noch genau zu klärenden Fehler eingetreten ist – eine wichtige und oftmals befriedende Forderung von Patienten.

Die teilweise lebhafte Diskussion mit dem Auditorium nach den einzelnen Vorträgen hat den Veranstaltern gezeigt, dass die Themen gut ausgewählt und von allgemeinem Interesse waren. Eine Fortsetzung der kammerübergreifenden Fortbildungsveranstaltung ist geplant und wird dann in Baden-Württemberg stattfinden.

Zurück

letzte Änderung am 22.11.2012