Optimale Akutversorgung in spezialisierten Schlaganfall-Stationen

In Deutschland erleiden ca. 250.000 Menschen pro Jahr einen Schlaganfall. Diese Menschen benötigen innerhalb weniger Stunden eine Therapie in spezialisierten Kliniken (sog. Stroke Units), um die Folgeschäden so gering wie möglich zu halten. Über die Zukunft des betroffenen Patienten entscheiden somit die Schnelligkeit von Notruf, Notarzt und Transport zur Klinik, wie auch die Infrastruktur der behandelnden Klinik. Neben einer Notaufnahme muss die Möglichkeit zur bildgebenden Diagnostik des Gehirns bestehen und eine spezielle Schlaganfall-Station, auch Stroke Unit genannt, vorhanden sein.

Bei Verdacht auf einen Schlaganfall wird der Patient, wenn der Notruf über die Notrufnummer 112 erfolgt war, zunächst in der Notaufnahme des nächsten Krankenhauses mit spezieller Stroke Unit von einem Neurologen untersucht. Bestätigt sich in der klinischen Untersuchung der Verdacht auf einen Schlaganfall, erfolgt umgehend die Anfertigung einer Computertomografie (CT) oder einer Kernspintomografie (MRT), d. h. die Erstellung von Schichtaufnahmen des Gehirns mit Hilfe von Röntgenstrahlen (CT) bzw. Magnetfeldern (MRT). Mit beiden Untersuchungen lassen sich auch die das Gehirn mit Blut versorgenden Gefäße darstellen.

Mit CT und MRT Hirninfarkt von Hirnblutung unterscheiden

Wichtig für die Behandlung eines Schlaganfalls ist die Unterscheidung des Auslösers: Wurde durch ein Blutgerinnsel die Durchblutung des Gehirns verhindert (Hirninfarkt, im Fachjargon auch „ischämischer Schlaganfall“) oder kam es zu einer Einblutung in das Gehirn durch das Platzen eines Hirnblutgefäßes (Hirnblutung, auch „hämorrhagischer Schlaganfall“ genannt). Ein weiterer Schlaganfalltyp, der ebenfalls sofort mit Hilfe von CT und MRT unterschieden werden kann, ist die sogenannte TIA („transiente ischämische Attacke“), eine kurzfristige und keine bleibenden Schäden hinterlassende Mangeldurchblutung des Gehirns.

Weitere Verfahren zur Abklärung der Diagnose sind das Bestimmen von Laborwerten, die Erstellung eines Elektrokardiogramms (EKG), insbesondere zur Identifikation von Herzrhythmusstörungen, und ggf. eine Ultraschalluntersuchung der hirnversorgenden Halsgefäße.

"Zeit ist Hirn": Frühe Thrombolyse verringert bleibende Behinderungen nach Hirninfarkt

Wurde ein auf einer Durchblutungsstörung beruhender Hirninfarkt, also ein ischämischer Schlaganfall, festgestellt, wird als erste therapeutische Maßnahme versucht, durch die hoch wirksame intravenöse Gabe eines Medikamentes das verstopfende Blutgerinnsel (den Thrombus) aufzulösen (zu lysieren). Diese Form der Behandlung wird „Thrombolyse“ genannt. Besonders gut sind die Erfolgsaussichten einer Thrombolyse in den ersten 60 bis 90 Minuten nach dem Hirninfarkt, doch auch nach drei bis vier Stunden kann es gelingen, die Hirndurchblutung wiederherzustellen. Vielfach können dadurch bleibende Behinderungen gänzlich vermieden oder zumindest deren Ausprägung verringert werden. Das Auflösen der Blutgerinnsel birgt - die Kehrseite der Medaille   das Risiko von Blutungen, weswegen diese Behandlung von erfahrenen Neurologen in darauf spezialisierten Schlaganfall-Stationen durchgeführt werden sollte.

Bringt die medikamentöse Thrombolyse nicht den gewünschten Erfolg oder ist sie bei einem Patienten nicht durchführbar, so kann das Blutgerinnsel auch mit Hilfe eines Spezialkatheters entfernt werden. Diese als „Thrombektomie“ bezeichnete operative Behandlungsform wird besonders erfolgreich bei Blutgerinnseln in großen Hirngefäßen angewandt. Hier ist das Geschick eines Neuroradiologen, also eines Röntgenfacharztes mit Spezialisierung auf neurologische Erkrankungen, gefragt.

Bei Hirnblutungen ist eine Thombolyse nicht angezeigt

Anders als bei einem Hirninfarkt darf bei einer Hirnblutung keine Thrombolyse durchgeführt werden, da durch diese Behandlung das Blut „verdünnt“ und der Blutfluss gefördert wird. Es gilt aber im Fall einer Hirnblutung die Blutung möglichst rasch zu stoppen. Um den Druck zu verringern, den das ins Schädelinnere strömende Blut aufbauen kann, ist mitunter eine neurochirurgische Operation erforderlich. Hier zeigt sich die Bedeutung einer von Experten der Schlaganfall-Station durchgeführten Diagnose!

Die Behandlung der Ursache des Schlaganfalls, also Thrombolyse oder Stoppung der Blutung, ist aber erst der Anfang. In der frühen Phase nach dem Schlaganfall ist es ebenso wichtig typische Komplikationen zu verhindern oder bei Auftreten schnellstmöglich zu erkennen und zu behandeln. Zu diesen Komplikationen gehören etwa starke Blutdruckschwankungen, Herzrhythmusstörungen, Entgleisungen des Zuckerstoffwechsels, Fieber, Lungenentzündung oder Beinvenenthrombosen. Dies ist nur durch eine 24-Stunden-Überwachung zu leisten, wie sie in Stroke Units (Schlaganfall-Stationen) gewährleistet wird. Nach der akuten Behandlungsphase sorgt speziell ausgebildetes Personal für die Mobilisierung des Schlaganfallpatienten.

Was zeichnet spezialisierte "Stroke Units" aus?
 
Optimale Behandlungsergebnisse bei einem Schlaganfall können nur durch die Betreuung in einem interdisziplinären Team erreicht werden. Auf Schlaganfall-Stationen arbeiten darum Neurologen mit einer zusätzlichen intensivmedizinischen Ausbildung, Krankenschwestern und Pfleger Hand in Hand mit medizinischen Assistenzberufen wie Krankengymnastik, Sprach- und Beschäftigungstherapie (Ergotherapie).

In der Versorgung von Patienten mit akutem Schlaganfall gehört Deutschland international zu den Vorreitern. 70 % aller deutschen Stroke Units (ca. 205) sind zertifizierte Zentren, d. h. sie erfüllen besondere Qualitätskriterien, wie z. B. modernste diagnostische Ausstattungen, die Befähigung zur Thrombolyse und eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung. Insgesamt stehen auf diesen spezialisierten Stationen ca. 1.300 Betten zur Verfügung. Jährlich werden dort etwa 120.000 Patienten betreut.

Wo befinden sich in Baden-Württemberg solche oben genannten Schlaganfall-Stationen? Diese Auskunft und andere Infos finden Interessierte auf der Homepage der Arbeitsgemeinschaft Schlaganfallstationen Baden-Württemberg (ASBW): www.schlaganfallstationen-bw.de.

Landesärztekammer Baden-Württemberg beteiligt sich an landesweiter Gesundheitsinitiative

Baden-Württemberg gegen den Schlaganfall


Im Mai startet die Gesundheitsinitiative "Baden-Württemberg gegen den Schlaganfall" unter der Schirmherrschaft von Ministerpräsident Winfried Kretschmann sowie unter Beteiligung der Landesärztekammer Baden-Württemberg. Mit im Boot sind unter anderem auch zahlreiche Krankenhäuser und weitere Organisationen des Gesundheitswesens.

Im Rahmen der Initiative finden im Mai und Juni landesweit viele unterschiedliche öffentliche Veranstaltungen statt, mit denen die Bevölkerung über die Möglichkeiten zur Prävention, Erkennung und Behandlung des Schlaganfalls aufgeklärt wird. Ziel ist es, dass möglichst viele Menschen umfassend über die Symptome und Folgen eines Schlaganfalls Bescheid wissen und so der Schlaganfall stärker in das Bewusstsein aller Generationen rückt. Eine Übersicht aller Aktionen und Veranstaltungen sowie weitere Informationen werden fortlaufend auf der Kampagnen-Website aktualisiert.

Weitere Infos: www.bw-schlaganfall.de

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letzte Änderung am 16.04.2013