Konsequente Akuttherapie des Schlaganfalls hat oberste Priorität

Bei einem Schlaganfall ist schnelles Handeln gefragt: "Zeit ist Hirn". Je rascher der Patient diagnostiziert und therapiert wird desto besser sind seine Aussichten mit einer geringeren Behinderung davonzukommen. In Folge der Akuttherapie bedarf es dann einer ganzen Reihe weiterer aufeinander abgestimmter Maßnahmen, um bestehende Schädigungen zu reduzieren und einen zweiten Schlaganfall zu verhindern. Hierzu gehört neben einer gezielten Rehabilitation eine vorbeugende Therapie mit engmaschiger ärztlicher Kontrolle und nicht zuletzt auch ein möglichst gesunder Lebensstil.

Wichtig für die Behandlung eines Schlaganfalls ist die Unterscheidung zwischen Hirninfarkt und Hirnblutung. Bei einem Hirninfarkt verhindert ein Blutgerinnsel oder eine Gefäßverengung die Durchblutung des Gehirns (im Fachjargon auch "ischämischer Schlaganfall"), bei einer Hirnblutung platzt ein Hirnblutgefäß, wodurch es zu einer Einblutung in das Gehirn kommt ("hämorrhagischer Schlaganfall").

Bei einem Hirninfarkt ist eine rasch durchgeführte Thrombolyse entscheidend

Die besten Chancen nach einem Schlaganfall bestehen, wenn über die Notrufnummer 112 gewährleitet wurde, dass der betroffene Patient so schnell wie möglich in einer spezialisierten Schlaganfall-Station (Stroke Unit) untersucht wird. Bei einem Hirninfarkt wird nach entsprechender Diagnostik mit bildgebenden Verfahren wie der Computertomografie (CT), der Kernspintomografie (MRT) und dem Ultraschall versucht, durch die intravenöse Gabe eines Medikamentes das verstopfende Blutgerinnsel (den Thrombus) aufzulösen (zu lysieren). Besonders gut sind die Erfolgsaussichten dieser als „Thrombolyse“ bezeichneten Therapie in den ersten 60 bis 90 Minuten nach dem Hirninfarkt, doch auch nach drei bis vier Stunden kann es hiermit noch gelingen, die Hirndurchblutung wiederherzustellen.

Vielfach können durch die medikamentöse Behandlungsmaßnahme bleibende Behinderungen vermieden oder zumindest deren Ausprägung verringert werden. Trotz des mit einer Thrombolyse verbundenen Risikos von Blutungen ist diese Behandlung - vor allem wenn frühzeitig eingeleitet – der beste Weg für möglichst geringe Folgeschäden nach dem Schlaganfall und eine Rückkehr in den normalen Alltag. Gelingt es durch die Thrombolyse nicht, das Gerinnsel aufzulösen, oder ist sie bei einem Patienten nicht anwendbar, kann das Blutgerinnsel in manchen Fällen auch durch den operativen Einsatz eines Spezialkatheters mit der sogenannten „Thrombektomie“ entfernt werden.

Bei Hirnblutungen zunächst die Blutung stoppen

Bei einer Hirnblutung würde die Thrombolyse die Blutung noch fördern und darf daher nicht eingesetzt werden. Vielmehr gilt es, möglichst rasch die Blutung zu stoppen. Je nach Fall ist eine neurochirurgische Operation erforderlich, um den Druck zu verringern, der sich durch das ins Schädelinnere strömende Blut aufbauen kann.

Mit der Diagnose und der auf den Schlaganfalltyp angepassten Behandlung ist es aber auch in der akuten Phase nicht getan. Typische Komplikationen wie etwa nachträgliche Gehirnblutungen, zweite Schlaganfälle, starke Blutdruckschwankungen, Herzrhythmusstörungen, Entgleisungen des Zuckerstoffwechsels, Fieber, Lungenentzündung oder Beinvenenthrombosen müssen verhindert oder gegebenenfalls schnellstmöglich erkannt und behandelt werden. Dies ist nur durch eine 24-Stunden-Überwachung zu leisten, wie sie auf guten Schlaganfall-Stationen gewährleistet ist.

Nach dem Schlaganfall hilft eine gezielte Rehabilitation

Das Absterben der nicht mehr mit Blut versorgten Nervenzellen im Gehirn bringt mehr oder weniger schwere Schäden mit sich. Jedem bekannt sind die zum Teil bleibenden Ausfälle wie Arm- und Beinlähmungen, Sprach-, Sprech- oder Sehstörungen nach einem Schlaganfall. Zudem können aber auch komplexe Hirnfunktionen, wie Gedächtnis, Abstraktionsvermögen, Raumorientierung und die Selbstwahrnehmung des Körpers betroffen sein. Die gute Nachricht ist, dass Folgeschäden eines Schlaganfalls durch intensives Training, in einem Drittel der Fälle sogar bis hin zur vollständigen Wiedererlangung der Funktion, gebessert werden können.

Das erste Training erfolgt kurz nach dem Schlaganfall noch im Krankenhaus. Auf Schlaganfall-Stationen arbeiten darum Neurologen mit intensivmedizinische Zusatzausbildung, Krankenschwestern und Pfleger Hand in Hand mit medizinischen Assistenzberufen, wie Krankengymnastik, Sprach- und Beschäftigungstherapie (Ergotherapie). Mit Hilfe von Krankengymnasten, Sprachtherapeuten und Ergotherapeuten sollen die Patienten die verlorengegangenen alltäglichen Fähigkeiten wie Sprechen, Schlucken, Gehen und Ankleiden wieder erlernen.

Je nach Schweregrad der Behinderung wird der Schlaganfall-Patient in einem Rehabilitationszentrum für zwei Wochen bis zu drei Monaten stationär, tagesklinisch oder ambulant weiterbehandelt. Auch eine rein ambulante Versorgung zu Hause ist denkbar, wenn nur einzelne Funktionen, wie z. B. die Sprache, betroffen sind. Nach der Rehabilitation wird festgestellt, welche Restfunktionsstörungen verbleiben und ob diese z. B. eine permanente Betreuung erforderlich machen. In der Sprachtherapie wird bspw. mit der myofunktionellen Therapie versucht, eine Zungenfehllage aufzuheben oder Schluckstörungen zu beseitigen. Bei der Ergotherapie wird die Verbesserung kognitiver Funktionen wie Konzentration, Merkfähigkeit, Gedächtnis, Reaktion und Aufmerksamkeit angestrebt. Oft findet hierbei ein computergestütztes Training statt.

Mit Medikamenten einem erneuten Schlaganfall vorbeugen

Erfüllen Menschen die Voraussetzung für die Entwicklung eines Blutgerinnsels, so haben sie natürlich ein höheres Risiko als andere, einen Hirninfarkt oder einen Herzinfarkt zu erleiden. Besonders gefährdet sind dabei Personen, die bereits einen ischämischen Schlaganfall oder eine TIA („transiente ischämische Attacke“), das ist eine vorübergehende und keine bleibenden Schäden hinterlassende Mangeldurchblutung des Gehirns, hatten. Vorbeugende medikamentöse und nicht-medikamentöse Maßnahmen können das Risiko deutlich herabsetzen.

An Medikamenten werden Präparate eingesetzt, die das Verklumpen von Blutplättchen, also die Entstehung eines Blutgerinnsels, hemmen – sie werden daher als Plättchenhemmer bezeichnet. Bekanntester Vertreter ist niedrig dosiertes ASS (Acetylsalicylsäure), dessen schützende Wirkung mit steigender Dosierung durch ein erhöhtes Blutungsrisiko erkauft wird. ASS oder andere Plättchenhemmer müssen in der Regel lebenslang eingenommen werden.
 
Bei Herzerkrankungen bedarf es besonders intensiver Schutzmaßnahmen

Patienten mit Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflimmern haben ein besonders hohes Schlaganfall-Risiko, da die Gefahr der Bildung eines Blutgerinnsels in der Herzkammer, das ins Gehirn geschwemmt wird, besteht. Die medikamentöse Vorbeugung erfolgt in diesen Fällen aggressiver als mit ASS, weitestgehend mit Vitamin K-Antagonisten (z.B. Marcumar). Dieses Medikament kann das Risiko eines erneuten Schlaganfalls um über 60 % senken, aber die Therapie ist relativ aufwändig, da regelmäßige Kontrollen des Gerinnungssystems und damit eine Vielzahl von Arztbesuchen notwendig sind. Seit Herbst 2011 sind in Deutschland neue, orale therapeutische Optionen verfügbar, bei der die für Patienten und Ärzte aufwändigen Laborkontrollen des Gerinnungssystems entfallen können.
 
Risikofaktoren für weitere Schlaganfälle minimieren!

Überdies gilt es weitere Risikofaktoren für einen Schlaganfall in den Griff zu bekommen. Der Blutdruck muss regelmäßig kontrolliert und eingestellt werden (unter 140/90 mmgHg). Bei Diabetikern sollten Werte von 130-139/80-85 mmHg angezielt werden. Zudem kommt es bei Diabetikern auf eine gute Einstellung des Blutzuckers durch Medikamente und diätetische Maßnahmen an. Da das Schlaganfall-Risiko auch durch Fettstoffwechselstörungen erhöht wird, sollten erhöhte Cholesterinwerte medikamentös mit Statinen und einer entsprechenden Diät normalisiert werden. Nicht zu unterschätzen ist die positive Auswirkung von regelmäßiger Bewegung und bei Übergewichtigen natürlich einer Gewichtsreduktion. Rauchen ist gefährlich für die Blutgefäße, sollte grundsätzlich unterlassen, spätestens aber nach einem Schlaganfall eingestellt werden. Von Alkohol in größeren Mengen ist dringend abzuraten. Letztlich ist die Kombination von medikamentösen und nicht-medikamentösen Maßnahmen besonders wirkungsvoll - hier ist also nicht nur der Arzt, sondern auch das Mitwirken des Patienten selbst gefragt.

Landesärztekammer Baden-Württemberg beteiligt sich an landesweiter Gesundheitsinitiative

Baden-Württemberg gegen den Schlaganfall


Im Mai startet die Gesundheitsinitiative "Baden-Württemberg gegen den Schlaganfall" unter der Schirmherrschaft von Ministerpräsident Winfried Kretschmann sowie unter Beteiligung der Landesärztekammer Baden-Württemberg. Mit im Boot sind unter anderem auch zahlreiche Krankenhäuser und weitere Organisationen des Gesundheitswesens.

Im Rahmen der Initiative finden im Mai und Juni landesweit viele unterschiedliche öffentliche Veranstaltungen statt, mit denen die Bevölkerung über die Möglichkeiten zur Prävention, Erkennung und Behandlung des Schlaganfalls aufgeklärt wird. Ziel ist es, dass möglichst viele Menschen umfassend über die Symptome und Folgen eines Schlaganfalls Bescheid wissen und so der Schlaganfall stärker in das Bewusstsein aller Generationen rückt. Eine Übersicht aller Aktionen und Veranstaltungen sowie weitere Informationen werden fortlaufend auf der Kampagnen-Website aktualisiert.

Weitere Infos: www.bw-schlaganfall.de

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letzte Änderung am 30.04.2013