Informationen des Landesgesundheitsamtes über Maßnahmen in Baden-Württemberg

Ausbruch von Poliomyelitis in Syrien

Das Landesgesundheitsamt hat sich am 7. November 2013 an die Landesärztekammer Baden-Württemberg mit der Bitte gewandt, die hiesige Ärzteschaft - vor dem Hintergrund des aktuellen Polioausbruchs in Syrien - wie folgt zu informieren:

"Am 29. Oktober wurde durch die WHO ein Polio-Ausbruch in Syrien bei Kindern unter drei Jahren bestätigt. Aufgrund der anhaltenden Flüchtlingsströme aus Syrien in die Nachbarländer und auch nach Deutschland sowie der seit Anfang des Jahres bestehenden Zirkulation von Poliowildvirus in Israel, die durch Befunde in Abwasserproben und in Stuhlproben von gesunden Kindern nachgewiesen wurde, ist das Risiko einer möglichen Einschleppung des Poliovirus sehr ernst zu nehmen. Zusätzlich ist das Einschleppungsrisiko von Polioviren aus den bestehenden Endemiegebieten Afghanistan, Pakistan und Nigeria zu berücksichtigen. Aufgrund der vergleichsweise hohen Durchimpfung in der Bevölkerung in Deutschland ist die Wahrscheinlichkeit für Krankheitsausbrüche in Deutschland dennoch als gering einzuschätzen. Für einzelne Bevölkerungsgruppen mit geringer Durchimpfung kann die mögliche Einschleppung von Polioviren jedoch ein Risiko darstellen.

Auf der Grundlage entsprechender Empfehlungen des Robert Koch-Instituts wurden durch den ÖGD in Baden-Württemberg folgende Maßnahmen ergriffen:

  • Seit Bekanntwerden des dringenden Verdachtes auf einen Polio-Ausbruch in Syrien wird in der Landeserstaufnahmeeinrichtung in Karlsruhe bei allen Kindern aus Syrien mit Geburtsjahrgang 2010 oder später eine Grundimmunisierung mit 6-fach Impfstoff begonnen bzw. durchgeführt (ab 23.10.2013). Bei älteren Jahrgängen ist nach Informationen der WHO von einer Impfquote für Polio von über 90 % auszugehen.
  • Seit 4. November 2013 wird bei allen neu in der Landeserstaufnahmeeinrichtung ankommenden Kindern aus Syrien mit Geburtsjahrgang 2010 oder später, sowie rückwirkend bei allen seit 15. Oktober aufgenommenen Kindern dieser Zielgruppe, ein Screening auf Polioviren in Stuhlproben durchgeführt.
  • Nach Verlegung der Flüchtlinge und Asylbewerber in die Kreise sollen die Gesundheitsämter auf die Vervollständigung der Grundimmunisierung der o.g. Kinder sowie einer Impfung entsprechend der STIKO-Empfehlung bei allen anderen Personen hinwirken. Die Umsetzung erfolgt im Allgemeinen durch Information über die Impfungen und dringendes Anraten der Durchführung, z.B. durch Aufsuchen eines niedergelassenen Arztes.


Vor dem dargestellten Hintergrund möchten wir die Ärzteschaft sensibilisieren bezüglich

  • der Bedeutung des Impfschutzes allgemein sowie insbesondere im Hinblick auf Polio bei Asylbewerbern und Flüchtlingen aber auch bei der einheimischen Bevölkerung. Bei Bewohnern von Gemeinschaftseinrichtungen für Flüchtlinge und Asylbewerber wird eine Auffrischimpfung empfohlen, wenn die Impfungen der Grundimmunisierung nicht vollständig dokumentiert sind oder die letzte Impfung länger als 10 Jahre zurück liegt. Die Kosten für Impfungen bei Flüchtlingen und Asylbewerbern entsprechend der STIKO-Empfehlung werden von den Kreisen bzw. Gemeinden getragen.
  • der Meldepflicht für Poliomyelitis nach § 6 Infektionsschutzgesetz bereits bei klinischem Verdacht. Als Verdacht gilt jede akute schlaffe Lähmung, außer wenn traumatisch bedingt.
  • die Notwendigkeit einer Enterovirus-Diagnostik bei akuter schlaffer Lähmung oder Verdacht auf virale Meningitis/Enzephalitis. Die Diagnostik wird bei entsprechendem Verdacht von Laboren des Labornetzwerks Enterovirus-Diagnostik (LaNED) kostenlos durchgeführt. In Baden-Württemberg wird die Diagnostik u.a. vom Landesgesundheitsamt angeboten (siehe http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/NRZ/Polio/arbeitsbereiche/LaNED.pdf?__blob=publicationFile).

    Weitere Informationen zu Poliomyelitis und dem aktuellen Ausbruch in Syrien sind auf der Internet-Seite des Robert Koch-Institutes zu finden.
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letzte Änderung am 08.11.2013