Aktuelle Berufspolitik, Haushaltsberatungen und Änderung der Meldeordnung

Vertreterversammlung der Landesärztekammer

Vor der Vertreterversammlung der Landesärztekammer Baden-Württemberg in Karlsruhe kritisierte Kammerpräsident Dr. Ulrich Clever zahlreiche Regelungen im Entwurf des sogenannten "Versorgungsstärkungsgesetzes"; vieles bleibe darin "Stückwerk". Beispielsweise werde die Haftungsbefreiung für medizinisches Handeln nur für Hebammen geregelt, aber nicht für die ebenfalls in der Geburtshilfe tätigen Ärzte und Ärztinnen. Zwar gebe es keine Zunahme von Arztfehlern, aber die Schadenssummen, Schmerzensgelder, Schadensersatzsummen und Regressforderungen stiegen stetig und bedrohten die individuelle ärztliche Existenz im Falle eines Behandlungsfehlers.
 
Der Kammerchef wandte sich bei seinem gesundheits- und berufspolitischen "Bericht zur Lage" auch gegen neue Regelungen zur Zweitmeinung und gegen die Terminservicestellen. Sehr kritisch bemerkte er, dass der Gesetzgeber damit fragwürdige Regelungen schaffe, die von der ärztlichen Selbstverwaltung auf eigene Kosten umzusetzen seien. Harsche Kritik übte der Präsident auch an dem im Gesetzentwurf vorgesehenen "Zwangsentzug" von Arztpraxen durch die Kassenärztlichen Vereinigungen. Die Delegierten waren sich in der anschließenden Diskussion mit Dr. Clever einig, dass sämtliche Regelungen auf längst überholten Bedarfsplanungen basieren und die Versorgungsrealität nicht abbilden.

Leider gab es nur wenig Positives zum Gesetzentwurf zu berichten; so konnte der Kammerchef nur die Neuregelungen zum Notfalldienst und zu den Integrierte Leitstellen loben. Die Kritik an der Politik überwog hingegen, wie auch im weiteren Verlauf der Sitzung deutlich wurde: Während sich die Niedergelassenen derzeit durch den Gesetzentwurf besonders in ihrer freiheitlichen Berufsausübung bedroht sehen, fürchten die Krankenhausärzte die vom Gesetzgeber geplante Abschaffung der Tarifpluralität. Dr. Clever fand in seiner Rede deutliche Worte und forderte "Das Tarifeinheitsgesetz muss weg!".

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Insgesamt schweißte die aktuelle gesundheitspolitische Regelungswut die Delegierten zusammen: Die ambulant und stationär tätigen Mediziner beschworen bei der Vertreterversammlung mehrfach die innerärztliche Solidarität herauf. Bemerkenswert, dass gerade im Kammerwahljahr über alle Fraktionen hinweg so große Einigkeit herrschte.

Als Ausblick auf die kommende Wahlperiode formulierte der Kammerchef auch Forderungen zur Zukunft der ärztlichen Selbstverwaltung in Baden-Württemberg. So müssten nach Ansicht von Dr. Clever die Ärztekammern die engen juristischen Grenzen des Heilberufekammer-Gesetzes immer mehr mit neuen Konzepten sprengen. Die Kammer habe in den vergangenen vier Jahren diesbezüglich schon Einiges erreichen können, was dann in Gesetzen, Verordnungen und Auslegungsbestimmungen festgelegt wurde. Unter dem Applaus der Delegierten nannte Dr. Clever beispielhaft die Einrichtung der Präimplantationsdiagnostik-Ethikkommission mit Sitz bei der Landesärztekammer in Stuttgart für die Bundesländer Sachsen, Thüringen, Hessen, Saarland, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg.

Im Herbst eines jeden Jahres ist die Delegiertensitzung geprägt von Debatten und Beschlüssen zu finanziellen Angelegenheiten, also der Abnahme der Vorjahresrechnung, der Berichterstattung zur aktuellen Finanzlage sowie der Planung des kommenden Kammerhaushaltes. Außerdem wird im Spätjahr traditionell aus der Baden-Württembergischen Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte berichtet. Zudem bearbeitete die Delegiertenversammlung diesmal auch den Tagesordnungspunkt "Änderung der Meldeordnung":

Im Sommer hatte man die Berufsordnung um eine Definition ärztlicher Tätigkeit ergänzt. Hintergrund war die rigide Verwaltungspraxis der Deutschen Rentenversicherung in Bezug auf die Befreiung von Ärztinnen und Ärzten von ihrer Versicherungspflicht gewesen. In Ergänzung dazu nahmen die Delegierten jetzt auch in die Meldeordnung eine Definition ärztlicher Tätigkeit auf, die sowohl kurativ tätige Ärztinnen und Ärzte erfasst wie auch solche, die zwar nicht in der unmittelbaren Patientenversorgung tätig sind, jedoch im Rahmen ihrer Tätigkeit auf die in der Ausbildung erworbenen Kenntnisse zurückgreifen. Die so geänderte Meldeordnung wird nach Genehmigung durch das Sozialministerium und Veröffentlichung im Ärzteblatt Baden-Württemberg in Kraft treten.

Alle Entschließungen im Volltext finden Sie hier.

Einen Bericht über die vor der Vertreterversammlung vorgenommenen Ehrungen finden Sie hier.

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letzte Änderung am 21.11.2014